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Ein Schnipsel aus dem Lesetip: Jacobus de Voragine - Legenda aurea

Von der Geburt der seligen Jungfrau Maria/ eine Legende:


"Ein Weib war ihres Mannes beraubt und hatte nur noch einen einigen Sohn, den liebte sie von ganzem Herzen. Es geschah, daß der Sohn von den Feinden gefangen ward und im Gefängnis gehalten. Als sie das vernahm, war sie gar untröstlich; und bat die heilige Jungfrau, der sie gar ergeben war, mit großem Fleiß, daß sie ihren Sohn möchte erledigen [=befreien]. Als sie sah, daß dies nicht verfing, ging sie zuletzt allein in die Kirche, darin ein Bild unserer Frauen geschnitzt war, trat vor das Bild und sprach zu ihm 'Selige Jungfrau, ich habe dich oftmals um die Befreiung meines Sohnes gebeten, und du hast idch weder des Sohnes erbarmt noch der armen Mutter. Ich habe dich um Hilfe gebeten für meinen Sohn, und es hat nichts gefruchtet. So will ich dann dir dein Kind nehmen, als mir das meine ist geraubt worden, und will es in Gewahrsam nehmen als eine Geisel für meinen Sohn'. Mit diesen Worten ging sie hin und nahm dem Bilde das Kind, das es auf dem Schoße hatte, und trug es heim. Sie wickelte es in ein rein Linnen und tat es in eine Lade, die schl0ß sie mit einem Schlüssel sorgfältiglich zu. Und war in großen Freuden, daß sie eine Geisel für ihren Sohn hatte gefunden, und hütete des Pfandes gar sorgsam.

Und siehe, in der Nach darnach erschien die heilige Jungfrau dem Sohne, öffnete ihm des Kerkers Tür und gebot ihm herauzugehen und sprach zu ihm 'Sag deiner Mutter, Sohn, daß sie mir meinen Sohn wieder gebe, gleichwie ich ihr ihren habe wieder gegeben'. Also ging der Jüngling aus dem Kerker und kam zu seiner Mutter und sagte ihr, wie er von unsrer Frauen erlöset wäre. Da war die Mutter über die Maßen froh und nahm das Bild des Kindes und trug es zur Kirche, und gab es Marien wieder in den Schoß und sprach 'Herrin, iich danke euch, daß ihr mir meinen Sohn habe wiedergeben; sehet, hier hab ihr euer Kind wieder, da ich nun meines wieder habe gewonnen'."

(Seite 684f)

 

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